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Explantation des LVAD-System

Hallo ihr Lieben, mein Name ist Dagmar, 57 Jahre alt und wohne in Jülich. Ich war 2 Jahre LVAD Träger.

 

Noch vor einem Jahr war es für mich nicht vorstellbar daß sich das ändern wird. Ich war für eine Herztransplantation auf der Warteliste.

 

Bei einem Herzultraschall, im September 2019, im Rahmen der Kontrolluntersuchung war der Arzt total begeistert von dem was er sehen konnte. Das Herz hatte gute Werte.

 

Im Abschlussgespräch mit meinem behandelnden  Arzt, wollten mein Mann und ich wissen, wie er diesen Befund beurteilt. Er äußerte wenig Optimismus, eine mögliche Herzerholung, konnte sich der Arzt in meinem Fall und aus Erfahrung nicht vorstellen. Er schlug einen Test vor, bei dem festgestellt werden kann, ob das Herz eine Verbesserung zeigt, ein sogenanntes Weaning.

 

Die Reaktion des Arztes hatte mich mutlos gemacht.Trotzdem sollte im neuen Jahr ein solcher Test stattfinden. Im Februar 2020 wurde der Termin ohne Angabe von Gründen verschoben, ich sollte einen neuen  bekommen.

 

Dann kam Corona und alles verzögerte sich, Kontrolluntersuchungen fielen aus, es passierte nichts mehr.

 

Was das mit der Psyche macht, brauche ich euch nicht beschreiben, ihr habt sicher alle schon ähnliche Situationen erlebt.

 

Die Gedanken kreisen, an einen erholsamen Nachtschlaf ist nicht zu denken. Ablenkung war wichtig um klar zu kommen. Ich suchte mir Hilfe bei einem  Psychokardiologen, um mit ihm meine schwierige Situation zu besprechen und Lösungen zu entwickeln.

 

Ich habe die Zeit genutzt, jeden Tag Bewegung eingebaut. Mit dem Hund durch Wald und Feld, habe Sport gemacht, bin am Wochenende gewandert und Rad gefahren. Ich war mit meinem körperlichen Zustand sehr zufrieden. Ich wollte fit sein, wenn ich das Weaning mache.

Dann ein Morgen im April, um 7 Uhr in der Frühe, bekam ich einen Anruf von meinem Htx Koordinator, er hatte ein Herzangebot für mich…ich war fassungslos.

Ich versuchte zu erklären, das ich zuerst ein Weaning möchte. Was, wenn ich kein neues Herz brauche?

 

Das Gespräch war schwierig. Wenn ich gelistet bin, ist es nicht üblich, sich dagegen zu entscheiden. Er bot mir eine Stunde Bedenkzeit…

Nach einer kurzen Beratung mit meinem Mann, rief ich zurück, eine Stunde brauchte ich nicht, ich lehnte ab.

 

Auf der Liste würde ich nun NT, geführt werden, das heißt „nicht transplantabel“.

Dieser Status läßt sich jedoch auch wieder rückgängig machen. Der Koordinator, konnte meine Entscheidung nachvollziehen, er hatte sich in der Zwischenzeit meine Unterlagen angesehen. Ich war erleichtert.

 

Mein LVAD Koordinator konnte meine Entscheidung erst einmal nicht verstehen aber auch er war überzeugt, eine Transplantation kann nur dann erfolgreich sein, wenn der Patient von der Notwendigkeit überzeugt ist.

 

Dieser Tag war ein schlimmer Tag, ein einziges Gefühlschaos. Ich telefonierte mit meinem Psychokardiologen, ich mußte reden, wir überlegten, wie ich weiter vorgehen sollte.

Ein paar Tage später, bot er mir an, mit einer Fachklinik Kontakt aufzunehmen und meine Interessen zu vertreten. Meinen Wunsch, möglichst rasch einen Termin für ein Weaning. Mit dieser praktischen Hilfe, einen Teil der Last abgeben zu dürfen, war ich sehr erleichtert.

3 Tage später meldete sich die Klinik, ich bekam einen Termin für das erste Weaning.

Endlich würde ich Klarheit bekommen, ob ein Leben ohne Herzunterstützungssystem möglich werden kann.

 

Am Termin war ich sehr aufgeregt, aber auch voller Hoffnung.

 

Zum Protokoll des Weanings gehört zuerst der Einschwemmkatheter, der verschiedene Drücke im Herzen und der Lunge misst. Auf einem Liegefahrrad, durfte ich 2 Minuten radeln. Die Pumpe wurde reduziert, der Widerstand erhöht, danach wurde ein Herzultraschall gemacht und die Drücke wurden gemessen. Dies wiederholte sich schrittweise, bis zum Pumpenstopp. Alle waren gespannt….mir ging es gut.

 

Der Test dauerte insgesamt eineinhalb Stunden. Wieder auf dem Zimmer mußte ich erst einmal heftig weinen, die Anspannung lies nach. Ich fühlte mich bestätigt.

 

Das Weaning wurde 2 Monate später wiederholt, wieder lief alles gut, alle Ärzte und Koordinatoren freuten sich mit mir.

 

Die Herzerholung war sehr gut und mir wurde die Explantation des LVAD angeboten. Ich durfte mir den Termin aussuchen. 6 Wochen später sollte sie stattfinden.

 

In dieser Zeit ging es mir sehr wechselhaft, es war nicht nur Freude auf ein Leben ohne LVAD, auch große Angst vor der OP, Erinnerungen an vergangene Erfahrungen mischten sich ein, würde diesmal alles ohne Komplikationen verlaufen?

 

Wir hatten einen Urlaub geplant, den wollte ich unbedingt vorher genießen.

 

Dann alles zum letzten mal, Verbandswechsel, Akkus aufladen, Werte notieren, ich betrachtete den LVAD mit anderen Augen, hab ihm gedankt, für seine Unterstützung, das Pumpengeräusch, das mich Monate begleitet hatte, auf meinem Diktiergerät aufgenommen und Fotos von den Geräten gemacht.

 

Wenn ich wieder nach Hause komme, dann ohne LVAD….

 

Dann ging es los.

 

Eine LVAD  Explantation ist selten, es gibt noch keinen Aufklärungsbogen darüber, ich mußte den über eine LVAD Implantation unterschreiben.

 

Die OP verlief gut, 1 Tag Intensivstation, 14 Tage MKU Station (Mechanische Kreislauf Unterstützung) mit jedem Tag konnte ich eine Verbesserung feststellen. Bald war ich von Schläuchen und Kabeln befreit und durfte zum ersten mal über den Flur laufen.

 

Ich war sehr stolz es geschafft zu haben… der LVAD hatte zur Herzerholung beitragen. 

 

Besuche auf der Htx Station zeigten mir sehr deutlich, was mir erspart geblieben ist.

Wieder zuhause mußte ich zuerst Kraft und Ausdauer wieder trainieren, eine Reha hatte ich vorerst abgelehnt. Mein Training war mein Haushalt und die alltäglichen Tätigkeiten.

Allmählich dann wieder Hundespaziergänge, kleine Steigungen und 4 Wochen später Fitnesstudio mit Übungen, die das Brustbein nicht belasten.

 

Die Spaziergänge wurden länger.

 

Nach gut 2 Monaten kann ich meine Belastbarkeit mit dem eines gesunden Menschen in meinem Alter vergleichen. Ich nehme weiterhin Medikamente und mein Herz wird engmaschig kontrolliert!

 

Ich betrachte meine Geschichte mit Dankbarkeit, die wenigsten LVAD Träger haben die Möglichkeit wie ich. Meine Erfahrungen sollen helfen, auch diese Alternative zu bedenken und sich eine eigene Einschätzung zu erlauben. Menschen, die mich in dieser Zeit  begleitet und gestärkt haben sind sehr wichtig. Jeder hat seine Geschichte, die nicht ohne Spuren bleibt.

 

 

 

Eure Dagmar

Eure Dagmar

Dieser Beitrag hat 10 Kommentare

  1. Manfred

    Vielen lieben Dank Dagmar, für diesen tollen Beitrag!

  2. Dietmar Pohl

    Hallo Dagmar
    Glückwunsch zu Deiner Genesung. Dein Beitrag macht Mut.

  3. Rolf Bechen

    Mensch, hallo liebe Dagmar,
    Ich bewundere dich und die medizinische Eingriffe. Hoffe wir sehen uns beim nächsten Treffen wieder.
    Glückwunsch auch von mir.
    LG Rolf Bechen

  4. Birgit Hensel

    Herzlichen Glückwunsch Dagmar, und D A N K E für Deinen Mut, Deine Geschichte zu veröffentlichen! Es tut so gut zu lesen mit welchem Selbstbewusstsein Du Dein Herz gestärkt und auf Deine Art unterstützt hast. Behalte Deine Kraft und Gabe Menschen zu finden, die sich Zeit nehmen Entscheidungen abzuwägen. Du hast mit vielen guten Begleitern neue Wege ausprobiert. Einfach MegaSuperGigaherz : )
    Ich freue mich mit Dir! Ich denke mal, ganz viele Betroffene haben nun Dank Deiner Geschichte eine hoffnungsvolle Perspektive. Herzliche Grüße, Deine Bergschwester Birgit

  5. Klaus Pfeifer

    Hallo liebe Dagmar,
    Es ist schön zu lesen das es so einen Ausgang gekommen hat 🙂 beim Lesen ihres Textes bin ich mehr als bestätigt worden… Seit Monaten Kämpfe ich darum, dass bei mir ein Weaning gemacht wird da die Ultraschallbilder ein normal arbeitendes Herz zeigen. Bin inzwischen seit über 11Jahren an das LVAD gebunden. Ich hatte nie Hoffnung da es nie um das Thema Heilung ging, nur um das Thema Transplantation die ich aber sehr früh schon abgelehnt hatte. Nach 10Jahren hab ich mein Leben auf den Kopf gestellt und wie Sie auch berichtet haben, viel Bewegung und sehr gesundes Essen in mein Leben integriert und nach ca 1Jahr war diese Verbesserung da. Von den Ärzten hatte ich nur zu hören bekommen, dass es quasi ausgeschlossen ist nach dieser Zeit sein Herz wieder zu stärken. Hab mich dann informiert was man machen kann und was der Körper benötigt um sich zu stärken. Ich hoffe sehr, dass es das letzte Jahr ist, in dem ich an diesem Gerät hänge.
    Eine Frage hätte ich noch. Hat sich Ihr Blutdruck in den letzten Monaten normalisiert?

  6. Markus Thiele

    Liebe Dagmar,
    mit großem Interesse habe ich Deine spannende Geschichte gelesen! Toll, dass Du Deinen Weg gegangen bist und dass es Dir heute offensichtlich gut geht.
    Ich bin 59 Jahre alt und habe am 29.09.2021, also am WELTHERZTAG (mit 57) einen schweren Herzinfarkt mit vielen Defi-Wiederbelebungsversuchen und danach über 2-wöchigem Koma erlitten. Neben der klassischen Stent-Erstversorgung hat man mir auch ein LVAD und kurz vor Entlassung einen Defi eingesetzt.
    Soweit also zu meinem Ersatzteillager…
    Und dann kam nach einigen Wochen bis Monaten die gute Nachricht: Die Alarme am LVAD erfolgten immer häufiger, weil sich mein Herz immer weiter erholte und quasi gegen die Pumpe arbeitete. Nach diversen Untersuchungen stand ich vor der Wahl, das LVAD ausbauen zu lassen oder es „stillzulegen“.
    Ich entschied mich für Letzteres, d.h. die Pumpe wurde runtergefahren, die Driveline im Brustbereich gekappt und versiegelt und die Akkutasche mit dem Restkabel wurden entfernt. Das alles erfolgte Anfang 2022. Heute lebe ich physisch mit leichten Einschränkungen wieder ganz normal, fahre viel Fahrrad, spaziere und wandere viel und bin körperlich wieder gut aufgestellt. Psychisch beschäftigt mich das Geschehene und auch die Sorge, dass sich das wiederholen könnte, natürlich immer noch.
    Mein Professor im Krankenhaus ist auch zufrieden und hält nun zwei Optionen für realistisch:
    1) Stillgelegtes LVAD weiter drin lassen – nur regelmäßig Entzündungswerte beobachten
    2) LVAD Ausbau, aber minimalinvasiv. Hier würde über einen kleineren Schnitt das LVAD und die Rest-Driveline entfernt, der vernähte Metallring würde drin bleiben und von außen speziell mit einer Platte versiegelt.
    Zum Glück gibt’s keine Eile bei dieser Entscheidung, aber irgendwann steht das wohl noch an
    Ich wünsche Dir und allen anderen „Betroffenen“ alles Gute !
    Viele Grüße, Markus

    1. Dagmar Felser

      Hallo Markus, schön zu lesen, das auch dein Herz sich wieder so gut erholt hat. Das LVAD System hat seinen Zweck erfüllt. Für mich gab es nur die Obtion, LVAD entfernen, nur so kann ich das Erlebte gut verarbeiten. Ich hab mein altes Leben zurück, mehr geht nicht!
      Dir wünsche ich weiter ein gutes Leben Grüße Dagmar

  7. Judith Maibaum

    Guten Abend zusammen,
    ich bin 33 Jahre alt und mir wurde im Juli 2022 nach fulminanter Herzmuskelentzündung eine LVAD implantiert. Leider haben ich, trotz aktuell hoher Belastung im Alltag und Niederrhein Drehzahl, in einem Weaning Versuch nicht die Standardwerte für eine Explantation erreicht. Dennoch möchte ich mein Herz nicht aufgeben und bin daher an der Methode interessiert, dass die Körper zunächst im Körper verbleibt. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich eine Info erhalte, in welchem Krankenhaus der Eingriff durchgeführt wurde.

    Viele Grüße
    Judith

    1. Ralf

      Hallo ihr Nettis, heute steht bei mir die Explantation an. Ich trage das LVAD jetzt knapp ein Jahr, hatte die großen Untersuchungen dafür mir Bravour gemeistert. Die Herzleistung ist bei aktuell 68%. Entfernt wird dieses heute in der Uniklinik Bonn. Ich werd mich gern „danach“ noch einmal melden, hoffentlich positiv. Bin jetzt 62 Jahre. Gruß Ralf

      1. Dagmar Felser

        Hallo Ralf, hab ewig nicht mehr auf diese Seite geguckt und lese deinen Beitrag erst jetzt. Sorry! Ich hoffe sehr du hast die Explantation gut überstanden, du hast dich sehr optimistisch gegeben. Ich kenne das Gefühl wieder selbstbestimmt leben zu können ohne ständige Kontrollen, einfach freier leben! Vielleicht schreibst du ja noch mal wie es dir ergangen ist LG Dagmar

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